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<div align="center"><b><font color="#9c050f">spektrum</font>direkt</b></div>
<div align="right"> Ausgabe vom 29. Januar 2008<!--  
                        28. Januar 2008 
                         -->
</div>
<div> </div>
<div class="dachzeile">Stratigrafie</div>
<h1>Forscher fordern neues Erdzeitalter</h1>
<h2>[ <a class="moz-txt-link-abbreviated" href="http://www.wissenschaft-online.de/artikel/940774">www.wissenschaft-online.de/artikel/940774</a> ]</h2>
<div> </div>
<table border="0" cellpadding="0" cellspacing="0" width="100%">
  <tbody>
    <tr>
      <td valign="top" width="60%">
      <div class="textblock"> Der Einfluss des Menschen auf seine
Umwelt sei inzwischen so stark und
unübersehbar geworden, dass mit Beginn der Industrialisierung eine neue
Epoche "Anthropozän" angebrochen sei. Nobelpreisträger Paul Crutzen
hatte diesen Begriff bereits 2002 geprägt, und Angehörige der
Stratigrafie-Kommission der Geologischen Gesellschaft von London
fordern nun, die Einteilung der Erdzeitalter entsprechend zu
ändern [1].
      <br>
      <br>
Die Grenze zwischen Erdzeitaltern orientiert sich an markanten
Veränderungen in der Gesteinsabfolge - von geochemischen Parametern bis
hin zu biologischen, die beispielsweise ein Massenaussterben anzeigen.
Vier Punkte sprechen nach Ansicht der Wissenschaftler um Jan
Zalasiewicz von der Universität Leicester nun für einen neuen Abschnitt
mit Beginn des 19. Jahrhunderts. <br>
      <br>
      <b>Unübersehbare Spuren</b>
      <br>
      <br>
Zum einen habe der Mensch durch Landwirtschaft und Bautätigkeiten wie
Staudammprojekte die globalen Erosionsprozesse dramatisch gesteigert,
sodass sie die Sedimentation inzwischen um eine Größenordnung
übertreffen und so eine eindeutige Spur in der Gesteinsabfolge
hinterlassen werden. Zum zweiten seien menschliche Aktivitäten dafür
verantwortlich, dass die Konzentrationen von Treibhausgasen wie
Kohlendioxid und Methan sowie, mit etwas Verzögerung, auch die
Temperaturen innerhalb dieser Zeit so rapide wie nie zuvor angestiegen
sind und weiter klettern werden. Die Veränderung übersteige die
Schwankungen, wie sie während Kalt- und Warmzeiten auftreten, und
beende zugleich eine Phase relativ stabiler Verhältnisse.
      <br>
      <br>
Als drittes führen die Forscher das durch den Menschen
verursachte Aussterben zahlreicher Tier- und Pflanzenarten an, das sich
mit dem Klimawandel wahrscheinlich weiter verschärfen werde und
womöglich ähnliche Ausmaße erreichen könnte wie an der
Kreide-Tertiär-Grenze. Dazu komme die großflächige Zerstörung
natürlicher Vegetation zu Gunsten von Monokulturen sowie die
veränderten Verbreitungsgebiete von Spezies durch menschliche
Aktivitäten und globale Erwärmung. Dies alles hinterlasse eine
eindeutige Spur in den Fossilnachweisen. Mit ihrem letzten Argument
verweisen die Wissenschaftler auf die Veränderungen in den Ozeanen:
Hier werden sich der Anstieg der Meeresspiegel und die zunehmende
Versauerung des Wassers durch anthropogene Kohlendioxid-Freisetzung
dauerhaft niederschlagen.
      <br>
      <br>
      <b>Ein neues Zeitalter auch für Böden</b>
      <br>
      <br>
Eine entsprechende Änderung der Stratigrafie hatte im Dezember
auch Daniel Richter von der Duke-Universität gefordert [2]. Er
argumentiert damit, dass der Mensch die Böden des Planeten so
grundlegend beeinflusst und verändert, dass sich ihre Entwicklung nun
von den Verhältnissen in den Jahrmilliarden zuvor charakteristisch
abhebt. Da nun mehr als die Hälfte der Böden vom Menschen für Ackerbau,
als Weideland oder forstwirtschaftlich genutzt werde, sei die Frage,
wie sie erhalten werden können, von zentraler politischer und
wissenschaftlicher Bedeutung, so Richter. <br>
      <br>
Als Paul Crutzen den Begriff "Anthropozän" ins Gespräch brachte, berief
er sich selbst auf den italienischen Paläontologen Antonio Stoppani. Er
hatte ihn bereits um 1873 verwendet, als er darauf hinwies, die
menschlichen Aktivitäten könnten einst in Stärke und Verbreitung den
natürlichen Kräften der Erde vergleichbar sein. Crutzen nannte als
Gründe für ein neues Zeitalter die Explosion der Weltbevölkerung,
Verstädterung und die alles prägende (Über)Nutzung und Zerstörung der
Landschaft durch den Menschen, die Ausbeutung der fossilen
Energieträger und den Anstieg der Treibhausgase sowie die Freisetzung
allerlei toxischer Substanzen und das Ozonloch. Im Gegensatz zu dem
aktuellen Vorstoß seiner britischen Kollegen, die den Beginn des
19. Jahrhunderts als Start der neuen Epoche sehen, regte er das späte
18. Jahrhundert an, da etwa mit der Erfindung der Dampfmaschine 1784
weltweit erste markante Veränderungen auftraten.
      <br>
      <br>
      <b>Epochale Veränderungen brauchen ihre Zeit</b>
      <br>
      <br>
Ein entsprechend neues Zeitalter einzuführen, wäre Aufgabe der
Internationalen Kommission für Stratigrafie. Sie arbeitet unter anderem
daran, die bisherigen stratigrafischen Einheiten an ausgewählten
Typusstandorten festzumachen. Letzter Vorschlag für den Beginn des
Holozäns beispielsweise - der aktuellen Einheit nach den Eiszeiten -
wäre ein Eisbohrkern aus Grönland, in dem sich ein Anstieg der
Deuterium-Werte als Marke für steigende Temperaturen beobachten lässt.
Eine Entscheidung hierüber soll noch dieses Jahr fallen. <br>
      <br>
Bis sich allerdings ein entsprechender Antrag für ein Anthropozän
durchsetzen würde, kann einige Zeit vergehen. So hatte die Kommission
2004 beschlossen, angesichts der Unsicherheiten um die Grenze zwischen
Tertiär und Quartär diese beiden Einheiten komplett aufzulösen und in
zwei neue Perioden, Paläogen und Neogen, umzugruppieren. Das Paläogen
sollte demnach die Epochen Paläozän, Eozän und Oligozän umfassen,
während das Neogen von Miozän bis heute reichen sollte. Die Abschaffung
des Quartärs (bestehend aus Pleistozän und Holozän) sowie seine Grenze
zum Pliozän, die zwischen drei Millionen Jahren und 1,8 Millionen vor
heute schwankt, bleiben jedoch umstritten - aktuell fordert ein Antrag
zur Abstimmung seine Erhaltung. Auch werde sich wohl das Tertiär,
immerhin seit 250 Jahren in Gebrauch, wohl kaum oder vielleicht auch
nie aus dem Sprachgebrauch löschen, merkt die Kommission selbst an.
(af) </div>
      <div> </div>
      <div> </div>
      <div>
      <h3>Quellen:</h3>
[1] <a
 href="http://www.gsajournals.org/perlserv/?request=index-html&issn=1052-5173"
 target="_blank">GSA Today</a> 18: 4–8 (2008), <a
 href="http://www.gsajournals.org/perlserv/?request=get-document&doi=10.1130%2FGSAT01802A.1"
 target="_blank">Volltext</a><br>
[2] <a href="http://www.soilsci.com/pt/re/soilsci/" target="_blank">Soil
Science</a> 172: 957-967 (2007), <a
 href="http://www.soilsci.com/pt/re/soilsci/abstract.00010694-200712000-00002.htm"
 target="_blank">Abstract</a></div>
      <div> </div>
      <div>© spektrumdirekt</div>
      <div> </div>
      </td>
      <td valign="top" width="40%"> <br>
      </td>
    </tr>
  </tbody>
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